Auf die Frage: «Was erlebst du in diesem Moment?» beginnen viele Menschen ihre Schilderung mit dem, was sie vor sich sehen.
Meditation zum Sehen
Finde einen ruhigen, geschützen, ungestörten Moment. Richte dich auf, deinen Nacken, deinen Hals, deinen Oberkörper und Kopf und schaue mit unangestrengten Augen geradeaus. Licht reflektiert an den Dingen und Menschen um dich und fällt in deine Augen.
Gehe mit deiner Aufmerksamkeit in den Raum direkt hinter deinen Augen und schaue aus dir selbst heraus. Lass das Licht und damit das Bild, das sich dir in diesem ‹Augenblick› bietet, in dich hineinkommen. Nimm das Licht als solches wahr. Siehe, vielleicht zum ersten Mal in deinem Leben, das Sehen selbst.
Wenn es dir gelingt, wirst du Stille in dir bemerken.
Es ist eine Lebenskunst, sich einmal ganz dem Sehen zu widmen.
Jeder einzelne Lichtstrahl (wenn es möglich wäre, ihn aus dem Feld des Lichtes zu isolieren) besitzt eigene, wechselnde Intensitäten und ein eigenes Spektrum. Aus verschiedenen Richtungen eintreffende Lichtstrahlen unterscheiden sich zumeist in ihren Gewichtungen der verschiedenen Wellenlängen und damit auch in den vom Gehirn erschaffenen Farben¹.
«Kinder sind auf der Wiese, beim Versuch, einen Drachen steigen zu lassen. Jetzt sehe ich den Drachen in der Luft. Die Sonne steht schon tief und schickt ihre Strahlen auf die Erde. Sie reflektieren am Drachentuch aus Kunststoff und gelangen von dort aus direkt in meine Augen. Manche Wellenlängen werden vom Tuch verschluckt und so sehe ich den Drachen rot und grün.»
Mit meinem Sehsinn registriere ich das in meine Augen einfallende Licht. In einem fensterlosen Keller ohne Feuer und Lampe sehe ich nichts. Sobald ich die Hand vor meine Augen halte, verdunkelt sich das gesehene Bild und Objekte verschwinden aus ihm.
Das mit einem Auge gesehene Bild ist zweidimensional, mit beiden Augen ist der Anblick räumlich. Dieser dreidimensionale Eindruck lässt nach, sobald ich eines der Augen zudecke.
Sehen ist der erste der physischen Sinne. Er liegt, im aufrechten Körper betrachtet, am höchsten von allen fünf physischen Sinnen.
Die folgenden Aussagen beschreiben kein physisches Sehen: «Da sehe ich schwarz» (Wenn Licht in die Augen einfällt), «Das sehe ich ein», «Ich sehe keinen Ausweg» (Wenn eine Tür oder ein Fenster in der Nähe ist), «Ich habe nie verstanden, warum Frauen an talentierten Männern zunächst deren Fehler und an den Narren deren Verdienste sehen» (Pablo Picasso), «Wir müssen aus dem Schlafe erwachen und unsere Verantwortung sehen» (Albert Schweitzer), «Ich habe ihm tief in die Augen geschaut», «Ich sehe Deine Schönheit ganz, schließ ich die Augen mein, …» (Rumi).
Das Licht selbst ist eine Schwingung, die weder Gefühl, Konzepte noch Urteil enthält.
Ich sehe. Sehen ist das Registrieren der auf meine Netzhaut einfallenden Lichtstrahlen. Ohne Licht ist mein Sehen ohne Eindruck. Das mit meinen beiden Augen gesehene Bild besitzt räumliche Tiefe. Jeder Punkt des gesehenen Bildes ist durch Helligkeit und Farbe bestimmt.
Zum Weiterforschen
Was enthält ein Strahl der Sonne noch außer dem Licht?
Das Spektrum des Strahls ist bis ins Unendliche gefüllt. Das von unseren Augen wahrgenommene Licht ist nur ein winziger Ausschnitt aus dem gesamten Spektrum.² Sicher ist: die Strahlung der Sonne (und z. B. auch des Feuers) trägt Wärme (als ‹Wärmestrahlung›) in sich. Wir können sie mit der Haut tasten.
Ist die erlebte Schönheit im Licht, das in die Augen einfällt, enthalten?
Ist es wahr, dass Licht eine Form von Lebenskraft enthält und dass Menschen, die plötzlich dem Licht beraubt sind, in Folge an physischer Stärke verlieren?
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