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‹Geruchsquellen› sondern Moleküle in die Luft ab, für die wir Menschen Rezeptorzellen in unserer Nasenhöhle haben. Eine ‹Geschmacksquelle› ist ein Materieverbund, der Geschmacksmoleküle enthält. Mitunter führen wir einen ganzen solchen in unseren Mund ein. Den Inhalt einer Tasse Espresso zum Beispiel. (Erst roch ich ihn nur, jetzt schmecke ich zudem sein bitteres Aroma.) Das Stück Honigmelone, das eben noch seinen Duft auf dem Teller liegend in die Luft abgegeben hat.
Meditationen¹ zum Schmecken
1. Kaufe dir einen preiswerten Orangensaft aus dem Supermarkt und einen biologisch achtsam hergestellten. Fülle jeden in ein gleiches Trinkglas und koste. Achte auf die Geschmacks- und Geruchsentwicklung in deinem Mund, in deiner Nase, vor allem im Ausklingen. Nimmst du einen Unterschied wahr?
2. Leiste dir beim nächsten Besuch im Restaurant ein Glas des besten offenen Weines, den das Lokal zu bieten hat. Koste ihn achtsam vor der Speise. Ein hochwertiger Wein hat nicht einen einzelnen Geschmack, sondern bietet dem Erleber eine Geschmacksgeschichte, in der sich verschiedene Eindrücke entfalten, verbinden, aufsteigen und ausklingen. Ein solcher Wein verklingt vollkommen, ohne einen sauren, bitteren oder anderen Nachgeschmack zu hinterlassen.
Geschmack ist zumeist Geruch und Schmecken zugleich. Prüfe es, indem du dir beim Essen der liebevoll zubereiteten und gewürzten Gemüsesuppe die Nase zuhältst. Was bleibt noch vom ‹Geschmack› übrig?
Umgangssprachlich sagen wir, dass etwas süß, salzig, sauer, bitter oder scharf schmeckt. Oder angebrannt, herb, nach Fisch, nach Vanille, nach Pilzen, würzig, erdig oder metallisch. Obwohl in einen guten Wein keinerlei Zutaten hinzugegeben werden, spricht der Weinkenner von ‹würzig›, ‹schokoladig› und ‹blumig›. Die Anzahl der unterschiedlichen Geschmacksrezeptoren und damit Geschmacksqualitäten scheint noch nicht vollständig erforscht zu sein. Bis vor etwa einhundert Jahren waren allein die vier Geschmäcke süß, salzig, sauer und bitter anerkannt. Seit Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ist eine fünfte Geschmacksqualität ‹umami› identifiziert, die ‹Würzigkeit› einer Speise, ein Geschmack, der eiweiß- und aminosäurereiche Nahrung anzeigt, wie zum Beispiel Fisch. Seit einigen Jahren wird ein weiterer Geschmacksrezeptor erforscht, der auf Fettsäuren reagiert und damit die Fettigkeit der Nahrung anzeigt. Ob die Geschmäcke alkalisch, metallisch und wasserartig ebenso von eigenen Rezeptorzellen herrühren, wird derzeit untersucht.²
Forsche mit: Kannst du Vanille oder Pilze im Essen schmecken, wenn du dir die Nase zuhältst und zuvor nicht am Essen gerochen hast?
«Er hat einen guten Geschmack» beschreibt mehr als die Feinheit der Wahrnehmung seiner Geschmacksknospen im Mundinnenraum. «Über Geschmack lässt sich» nur dann «streiten», wenn wir ihn bewerten. Geschmack selbst ist das Registrieren von Geschmacksmolekülen, diese tragen keine Wertung in sich.
Ich schmecke und registriere dabei manche der in meinen Mundraum eingeführten Moleküle.
Zum Weiterforschen
Neben den Geschmacksknospen sind auch Tastzellen in der Mundhöhle, mit denen ich die Konturen und Beschaffenheit einer Speise wahrnehme. ‹Scharf› nehme ich nicht durch einen hierfür erschaffenen Geschmacksrezeptor wahr, sondern durch die Überreizung der Tastnerven der Mundhöhlenhaut. Können diese Tastzellen neben ‹scharf› noch anderes ‹schmecken›? Wie fein ist unser Geschmack wirklich?
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¹ lat.: meditor «nachsinnen, sich vorbereiten, üben, einstudieren»
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