Ich habe Sinneseindrücke, körperliche Empfindungen, fühle, denke, spüre und bin aufmerksam. In meiner Aufmerksamkeit kann ich mich für eine Weile ganz dem Sehen und Hören widmen, ganz in Gedanken sein, ganz dem Spüren widmen, ebenso wie jedem der anderen Ströme. Ebenso kann ich in mir vieles zugleich erleben.
Meditation zum bewussten Sein
Für diese Übung ist es hilfreich, die Meditation zur Aufmerksamkeit durchgeführt zu haben.
Nimm dein Erleben hier und jetzt so weit wie möglich wahr: die Eindrücke deines Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens, Tastens, die deines Körpers, deine Gefühle und Gedanken in dir sowie die Eindrücke deines Spürens. Wie ‹weit› ist es dir möglich, dieses alles zugleich wahrzunehmen?
Ruhe in dir. Egal, was um dich geschieht. Sei in dir selbst präsent, wach und voller Mitgefühl für die Menschen und das Geschehen um dich zugleich.
Je bewusster ein Mensch wird, desto mehr nimmt er und sie das eigene Bewusstsein selbst in sich wahr. Es ist wie ein atmendes Organ, mal eng und mal weit. Mal sind wir mit einer Sache beschäftigt, konzentriert und damit ist unsere Aufmerksamkeit auf nur einen oder wenige Ströme zusammengezogen. Häufig finden wir uns in der heutigen Zeit ganz im Sehen und Denken beschäftigt. Oder (z. B. beim Telefonieren) im Hören und Denken. In anderen Momenten weitet sich das Bewusstsein. Es ist dieses der zur Zeit nötigste Schritt auf dem Weg zu innerem Frieden und zu uns selbst: Das Heraustreten aus dem Denken. Dieses ist gelungen, wenn ich die Inhalte meines Denkens und die anderer Ströme gleichzeitig wahrnehme. Wenn ich «in Gedanken bin», sehe, höre, rieche, schmecke und taste ich zwar mitunter bewusst, nehme jedoch nicht mein Denken wahr. Ich bin sozusagen mit der Welt der Gedanken verschmolzen. Erst in der Weite meines Bewusstseins erscheinen in mir Gedanken, Gefühle, Sinneseindrücke, Körperempfindungen und Gespürtes zugleich.
Ich bin bewusst. Ich habe ein Bewusstsein, das mal weit und mal konzentriert ist. Im weiten Zustand nehme ich die Inhalte mehrere Ströme meines Erlebens zugleich wahr. Im konzentrierten Zustand beschäftige ich mich nur mit einem oder wenigen Aspekten meines gesamten Erlebens.
Werte nicht die Weite deines Bewusstseins! Wer sagt, dass eine konzentriere Arbeit schlechter ist als ein Verweilen im weiten Bewusstsein?
Neben dem Sich-Weiten und Konzentrieren ‹tut› mein Bewusstsein noch etwas anderes:
«Ich öffne die Kühlschranktür, lasse meinen Blick über den Inhalt schweifen, ziehe meine Augenbrauen zusammen, schließe die Tür, gehe zum Treppenaufgang und rufe mit bekräftigtert Stimme in das obere Geschoss: ‹Hat einer von euch den letzten Sahne-Joghurt gegessen, den ich vorgestern gekauft hatte?› Eine Bewohnerin des Obergeschosses kommt mit mitfühlendem Blick die treppe herab, leitet mich zum Kühlschrank, öffnet die Tür, ich schaue erneut und wirklich: Da steht er genau vor meinen Augen! Ich wende mich ihr zu und mir wird in diesem Moment etwas klar. ‹Danke für die Aufmerksamkeit› sage ich leise zu ihr.»
Die vom Joghurtbecher reflektierten Lichtstrahlen sind auch beim ersten Betrachten des Kühlschrankinhalts in meine Augen eingefallen. Ich habe diese Eindrücke nur nicht ‹bemerkt›.
«Der Bewohner des Maya-Stammes schaut über das Meer vor ihm und sieht an einer Stelle vor ihm einzelne, sich kräuselnde Wellen. Er wundert sich. Die Schiffe von Kolumbus, die auf dem Meer auf ihn zukommen, sieht er nicht. Er hat in seinem Leben noch keine Schiffe dieser Größe gesehen.¹»
«Ich sitze in meinem Büro an meinem Schreibtisch, wie jeden Tag. Meine Augen sind geöffnet und das Licht fällt aus dem 180° Grad weiten Umfeld in meine Augen ein. In mir ist ein ‹unaufgeräumter Eindruck›. Ich stutze und blicke weiter auf den Schreibtisch vor mir. Ich sehe einen einzelnen, sehr kleinen runden Papierschnipsel rechts oberhalb meiner Schreibfläche liegen. Er ist halb weiß und halb rot. Ich stutze und blicke weiter auf den Schreibtisch vor mir. Ich sehe viel runde, sehr kleine Papierschnipsel rechts oberhalb der Schreibfläche auf der Tischplatte verstreut liegen. Ich stutze und blicke weiter auf den Schreibtisch vor mir. Ich sehe den blauen Locher rechts oberhalb der Schreibfläche auf der Tischplatte liegen. Ich richte mich innerlich auf. Jetzt verstehe ich! Der Locher war schon im ersten Anblick des Schreibtisches ‹im Bild›. Hätte ich ihn nicht schon früher sehen können!? Ich lächle innerlich, denn mir wird etwas klar: Du, geliebtes Leben, wolltest mir das Vorhandenseins meines Bewusstseins zeigen…»
«Es passiert mir immer wieder: Ich sitze zuhause abends noch lange an meinem Schreibtisch, auf dem leicht links vor mir ein digitaler Funkwecker mit leuchtend grünen Ziffern steht. Immer wieder gucke ich genau auf die Ziffern, wenn es 22:22 Uhr ist. So ein Zufall!»
Jeder von uns hat ein Bewusstsein. Es öffnet und schließt sich nicht nur, sondern filtert auch Details aus den aufgenommenen Eindrücken heraus. Bei manchem Mensch schreit das Kind im Nachbarzimmer, doch er oder sie ‹hört› es nicht. Mancher Mensch tritt in die zu vermietende Wohnung, sein inneres ‹Feld› zieht sich zusammen, doch er oder sie spürt es nicht und unterzeichnet den Mietvertrag. Mancher Mensch trägt Traurigkeit in sich und fühlt es nicht.²
Mein Bewusstsein filtert manche Eindrücke aus meinem Erleben heraus, sodass sie im Moment des Wahrnehmens nicht in mein Denken gelangen.
¹ Aus: What the bleep do we know!?, ein Film, der das Bewusstsein des Menschen untersucht, dabei jedoch Fühlen nicht als eigenen Strom des Erlebens anerkennt. Revolver entertainment, 2005
² jahnna - das Buch der Menschen, ein Weg für jeden Menschen zum Bewusstwerden des eigenen Erlebens. Geschichten, Betrachtungen, Meditationen, Gebeten und freien Texte. Zwei Reisen zum Zentrum des Erlebens im Abschnitt: «zwei Reisen zu mir selbst». jahnna Verlag, 2014, Überlingen
ein offener Weg zu innerem Frieden und Gewahrsein. Das gemeinsame Erforschen unseres vor allem inneren Erlebens. Ein Aufruf zum Leben mit offenem Herzen.
erleben.wiki veröffentlicht am 3.4.2015, letzte Änderungen am 19.4.2015
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